Seophonist oder wie man Google beschäftigt
Vor wenigen Tagen stieß ich zufällig auf einen sogenannten SEO-Contest. Ziel eines solchen Wettbewerbes ist es, ein bis dato nicht existierendes Wort bei Google nach ganz vorne zu bringen.
Diesmal soll es der Seophonist sein. Wer mit seiner Webseite oder Blog bis zum 18. September 2013 auf den ersten Platz landet gewinnt ein gesponsertes IPhone 5.
Aha. Da wird sich Tante Google bestimmt mächtig freuen. Viele neue Seiten mit vielen neuen und völlig sinnfreien Inhalten.
In SEO-Kreisen heißt es immer, Content (also der Inhalt einer Seite) ist King. Im Falle der Seophonist-Anhänger ist Content wohl eher Crap.
Jetzt gibt es bestimmt welche, die nicht wissen, was SEO ist. Das ist Suchmaschinenoptimierung, also eine Webseite durch verschiedene Maßnahmen nach oben zu katapultieren. Im Grunde eine feine Sache, vor allem für Betreiber von Onlineshops oder Handwerksbetrieben.
Man könnte nun daraus folgern, dass der Seophonist einer dieser netten Herrschaften ist, die den ganzen Tag am Telefon hängen und unaufgefordert kleine und mittelständische Unternehmen von ihrer Arbeit abhalten um ihnen ein völlig überteuertes Paket mit teilweise unnötigen Maßnahmen aufs Auge zu drücken.
Kennen wir doch alle, oder?
Der Standardsatz des Agenturmitarbeiters, man sei bei Google ja überhaupt nicht zu finden. Ein Klassiker. Ich habe keine Ahnung, wie diese Typen mich dann immer finden?
Aber weit gefehlt. Das mit dem Seophonisten genau so wenig zu tun wie mit richtigem SEO.
Gut, wenn der Seophonist also keiner ist, der den ganzen Tag am IPhone hängt und Menschen belästigt – was ist er dann?
Ich versuche mich mal an der Aufklärung.
An dieser Stelle möchte ich auch sofort darauf hinweisen, dass ich nicht an dem zu gewinnenden Handy interessiert bin. Mein Alcatel D997 ist nagelneu und gefällt mit sehr gut.
Keiner braucht per DDos-Attacke den Webserver anzugreifen um einen leidigen Konkurrenten abzuschießen und niemand muss mich zu seinem neuen persönlichen Feindbild erklären.
Nein, kein Witz. Einem Blogger-Kollegen ist genau das passiert. Manche verwechseln „Wettbewerb“ wohl augenscheinlich mit „Krieg“.
Der von den Geheimdiensten und Medien immer wieder propagierte Cyberwar findet da bereits in der Mini-Version statt.
Demnach ist der Seophonist also ein Suchmaschinenoptimierer, der megascharf auf ein IPhone 5 ist und dabei salopp gesagt über Leichen geht?
Macht man sich die Mühe und schaut sich die Ergebnisliste beim Suchwort „Seophonist“ an, dann sieht man, dass sich einige sogar extra dafür eine neue Domain registrieren. Eine sogenannte Keyword-Domain. Die Hoster wird es freuen.
Was mich dann wirklich erschreckt, neben den oben angesprochenen Attacken, ist, das da doch tatsächlich regelmäßig neue Beiträge in den entsprechenden Blogs veröffentlich werden.
Harte Kost, wenn man sich das dann auch mal durchliest. Inhaltlich (wenn man denn bei so was überhaupt von Inhalt reden darf) ohne echten Mehrwert für Google geschweige denn für echte Besucher.
Ja klar, es ist ein Wettbewerb wo man ein nicht existentes Wort auf Platz 1 befördern soll. Aber das…
Nun haben wir schon zwei nette Erklärungen, was ein Seophonist nicht ist. Suchen wir also weiter.
In den ersten Tagen kannte Google (woher auch?) dieses Wort überhaupt nicht und schlug bei einer Suchanfrage den Begriff „Saxophonist“ vor.
Für Google spielt(e) der Seophonist also genau so sein virtuelles Instrument wie der Musiker. Zum Glück hat der Suchmaschinenriese dies schnell korrigiert.
Denn eines ist sicher: dieser Vergleich ist kein Vergleich sondern eine Beleidigung für jeden Saxophonspieler.
Sicher meinte Google da nur die Namensähnlichkeit, aber gruselig war das schon.
Erklärungsversuch Nummer drei ist damit auch vom Tisch. So langsam aber sicher benötige ich externe Hilfe.
Wikipedia kennt das Anti-Wort (noch) nicht und ich traue mich auch nicht, den von mir hochgeschätzten Ranga Yogeshwar zu fragen.
Telefonjoker (Opa weiß das bestimmt) oder doch besser das Publikum (davon kenne ich aber keinen)?
Die Antwort auf die Frage, was ein Seophonist ist, ist ebenso simpel wie einleuchtend.
Der Seophonist ist ein Oberbegriff für die Masse an Leute, die Google mit frei erfundenen und sinnlosen Wörtern füttern um die Server der Suchmaschine zu füllen und um Traffic zu verursachen, den niemand braucht.
Ähm ja, im Grunde ist diese Google-Beschäftigungsmaßnahme (GBM) einfach nur Spam. Wer wird später schon nach dem Seophonisten suchen? Wer sucht jetzt eigentlich ernsthaft danach?
Oder handelt es sich hierbei um einen gut getarnten DDos-Angriff auf unser geliebtes Google?
Wenn ja, wer steckt dahinter? Bing, Yahoo oder die von der Bundesregierung geplante deutsche Suchmaschine?
Egal. Ich wünsche allen Kollegen und Seophonisten viel Erfolg. Bleibt fair und nehmt zur Kenntnis, das ich nicht teilnehme (okay, das Ei-Phone könnt ihr mir trotzdem schicken).
Wer in diesem Beitrag Ironie findet, der darf sie behalten. 🙂